Klipphausen: Ein Bürgerbus in Klipphausen?
Für eine bessere Schülerbeförderung und für mehr Mobilität der Senioren setzen sich Gemeinderäte, Verwaltung und engagierte Eltern und weitere Bürger ein…
…Noch ist es nur eine Idee, das Projekt steht erst am Anfang. Doch es ist eine vielversprechende Sache: Ein Bürgerbus in Klipphausen?
Auslöser ist die Beförderung der Schüler der Evangelischen Oberschule Klipphausen. Im Wesentlichen klapppt die Hin- und Rückfahrt der Mädchen und Jungen mit Bussen der Verkehrsgesellschaft Meißen. Sogar eine separate Busspur zum Halten am gegenwärtigen Interimsquartier der Einrichtung in Röhrsdorf an der S 177 gegenüber dem Bau- und Gartenmarkt Landmaxx hatte die Gemeinde vor fast zwei Jahren anlegen lassen. Doch vor allem Kinder, die nicht unmittelbar in der Nähe dieser Oberschule, sondern in Orten am Rande des Gemeindegebiets leben, haben da mitunter schlechte Karten. So funktioniert zum Beispiel der Schülerverkehr auf der Busverbindung 428 Meißen-Wilsdruff recht gut. Doch mit der Weiterfahrt auf die Dörfer am Nachmittag, so nach Weistropp, Kleinschönberg oder Hühndorf, hapert es. Lange Umsteigzeiten für die Schüler sind die Folge.
Etliche Ortsteile betroffen
„Das befriedigt natürlich nicht. Neben den genannten Orten betrifft das zum Beispiel auch Schüler aus Gauernitz, Bockwen, Polenz, Garsebach und noch aus anderen Ortsteilen“, sagt Gemeinderat Karl Sternberger (Bündnis 90/Die Grünen) aus Klipphausen. Gemeinsam mit Gemeinderätin Dr. Brit Reimann-Bernhardt (Bündnis Freie Wählergemeinschaft) aus Weistropp und engagierten Eltern der Evangelischen Oberschule bemüht sich Karl Sternberger hier seit geraumer Zeit in der Arbeitsgruppe Bus an dieser Einrichtung um eine Verbesserung des Schülerverkehrs. Das ist nicht einfach. Denn für den Landkreis Meißen, der nach dem Sächsischen Schulgesetz als Träger für die notwendige Beförderung von Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zu Schulen in öffentlicher Trägerschaft und Ersatzschulen auf seinem Gebiet zuständig ist, wie es im schönen Amtsdeutsch heißt, gilt da das Standortprinzip. Das bedeutet: Die Notwendigkeit der Beförderung nach entprechender Satzung des Landratsamtes bezieht sich da auf die Strecke zur nächstgelegenen Einrichtung der jeweiligen Schulform vom Wohnort des Schülers und zurück. Die Verkehrsgesellschaft Meißen (VGM) wurde damit beauftragt. Konkret sieht das so aus: Für Oberschüler, die in Weistropp wohnen, ist das die Oberschule in Cossebaude, für die Hühndorfer oder Klipphausener, Burkhardswalder und Groitzscher die Oberschule in Wilsdruff, für die Scharfenberger und Naustädter die Triebischtaloberschule in Meißen, für die Rothschönberger die Einrichtung in Nossen, um nur einige Beispiele zu nennen.
Optimalere Fahrplangestaltung
Natürlich können Eltern und Schüler eine Oberschule nach ihren Gutdünken frei wählen – und so auch die Evangelische Oberschule Klipphausen -, doch die spezielle Schülerbeförderung des Landkreises greift dann außerhalb des genannten Streckenbereichs nicht. So müssen dann die Betreffenden nach den Fahrplänen des öffentlichen Busliniennetzes ihren Schulweg meistern. Das Landratsamt und die VGM sind aber bemüht, künftig mit einer optimaleren Fahrplangestaltung des öffentlichen Nahverkehrs auch den Schülern der Evangelischen Oberschule Klipphausen entgegenzukommen, wie Michael Tomeit, Sachgebietsleiter Gebietliche Planung, ÖPNV und Schülerbeförderung im Landratsamt Meißen, sagt. Kurzfristig sei das aber nicht machbar. Auch geschehe das vor dem Hintergrund, dass Finanzierung, Kosten, Auslastung, Busanzahl, Koordinierung von Umsteigemöglichkeiten zu anderen Linien und weiteres mit ins Kalkül gezogen werden müssen.
Die Gemeinde Klipphausen ist seit Längerem mit dem Landratsamt und der Verkehrsgesellschaft Meißen im Gespräch, um für die Evangelische Oberschule den Schülerverkehr zu verbessern. Immerhin hat Klipphausen für den neuen Oberschulkomplex in Ullendorf an die 15 Millionen Euro aufgebracht, um damit im Gemeindegebiet den Schülern attraktive Lernmöglichkeiten zu bieten. „Eine gute Schülerbeförderung gehört da mit zu den Rahmenbedingungen“, sagt Bürgermeister Mirko Knöfel. Auch ihm liegt es am Herzen, dass hier etwas passiert. Nach Abstimmung mit dem Landkreis und der VGM brachte er da das Modell eines Bürgerbusses ins Gespräch. Auch die Arbeitsgruppe Bus der Evangelischen Oberschule wurde so über diese Möglichkeit informiert.
ÖPNV-Angebot wird bereichert
In der Lommatzscher Pflege wird seit mehr als zehn Jahren eine solche Sache mit Erfolg praktiziert. Hier fahren ehrenamtlich Bürger für Bürger mit einem Kleinbus auf einer festgelegten Fahrtroute mit Haltestellen die Strecke ab. So können auch Einwohner aus abgelegenen Ortsteilen der Stadt Lommatzsch und aus der Gemeinde Käbschütztal einfacher ihre Einkäufe, Arztbesuche oder andere Besorgungen erledigen, zum Beispiel den Norma-Markt in Krögis aufzusuchen oder zum Markttag nach Lommatzsch zu fahren. Dabei gilt für sie der Tarif des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO).
Micheal Tomeit: „Der Bürgerbus ist eine alternative, bedarfsorientierte Bedienform, ein Nahverkehrskonzept für den ländlichen Raum. Der Bürgerbus bereichert das ÖPNV-Angebot. Das Projekt des Lommatzscher Bürgerbusses hat sich sehr bewährt. Es läuft hervorragend.“ Und so empfiehlt auch Andreas Herr, Beigeordneter im Landratsamt Meißen und Leiter des Geschäftsbereichs Technik, dass es vorteilhaft sei, wenn die Gemeinde Klipphausen ein solches
Vorhaben gemeinsam mit engagierten Bürgern auf den Weg bringen würde. „Wir werden dabei Klipphausen unterstützen“, bemerkt er. Nicht nur für den Schülerverkehr wäre deshalb ein Bürgerbus vorteilhaft, sondern dieser könnte auch für mehr Mobilität der Senioren zwischen Gauernitz, Klipphausen, Weistroppp, Garsebach und Rothschönberg sorgen und so ihre Lebensqualität verbessern.
Modell des Bürgerbusses
Den Bürgerbus in Lommatzsch gibt es seit 2008, er ist ein Kooperationsprojekt zwischen Landkreis Meißen, Verkehrsgesellschaft Meißen, den beteiligten Kommunen Lommatzsch und Käbschütztal und dem Bürgerbusverein Lommatzscher Pflege. „Wir nehmen den Bürgerbus in unser Verkehrsangebot auf, erledigen die betriebstechnischen Dinge. Wir stellen den Kleinbus, übernehmen Wartung, Pflege und Treibstoff“, sagt Jörg Weinhardt, Betriebsleiter und Prokurist der Verkehrsgesellschaft Meißen. Die VGM kümmert sich auch um die verkehrsrechtliche Seite des Projekts, plant und organisiert mit die Fahrtrouten, beantragt die Linienkonzession, versichert die Fahrer.
Der Lommatzscher Bürgerbusverein gewinnt und stellt die Fahrer, die dann ehrenamtlich nach einem Dienstplan mit dem Kleinbus (bis zu acht Personen) unterwegs sind. „Manche fahren nur zweimal im Monat, andere öfters“, sagt Ute Schwäbe vom Lommatzscher Bürgerbusverein. Die 60-Jährige war langjährige Vorsitzende des Vereins und ist jetzt noch Vorstandsmitglied. „Derzeit haben wir sieben Fahrer“, informiert sie. Meistens sind es rüstige Senioren, die für einige Stunden am Steuer sitzen. Der normale Pkw-Führerschein, ein Gesundheitsscheck und der Besitz des Kleinen Personenbeförderungsscheines sind Voraussetzungen, um hier ehrenamtlich als Fahrer tätig zu sein. Die VGM steht hier beratend zur Seite. Donnerstags fährt der Bus im Lommatzscher Raum, wo auch der Markt in der Stadt das Ziel ist. Dienstags und freitags ist der Kleinbus in der Käbschütztaler Gegend unterwegs, wo es auch nach Krögis zu Norma und anderen Einrichtungen geht.
Der Bürgerbusverein mietet von der VGM den Bus. Dafür zahlt der Landkreis Meißen an den Verein eine jährliche Zuwendung von 12 500 Euro. Die Fahrgeldeinnahmen gehen sämtlich an die VGM, die damit auch die Kosten für den Bus und anderes bestreitet. Michael Tomeit: „Der Verein hat den Vorteil, nur für den tatsächlichen Einsatz des Fahrzeuges zu zahlen, er braucht sich nicht um Unterhalt und Versicherung des Busses zu kümmern. Und das Wichtigste: Die Fahrer sind ehrenamtlich, erhalten für ihren Dienst kein Entgelt. Das macht den Bürgerbus effektiv. Und rechtlich ist das Ganze sauber, eine ausgewogene Angelegenheit für die Beteiligten unter dem Dach der VGM. Den Nutzen haben die Bürger, die ein zusätzliches Angebot im Nahverkehr haben, wo auch Engpässe und Lücken geschlossen werden.“
A und O sind die Fahrer
Wie es nun in Klipphausen in Sachen Bürgerbus vorangeht, werden die nächsten Monate zeigen. Gemeinderat Karl Sternberg hat schon mal Kontakt zum Lommatzscher Bürgerbusverein aufgenommen, sich bei Frau Schwäbe über Strukturen, Vorgehensweise und anderes informiert. Eine Variante wäre nämlich auch, dass die Klipphausener dem Lommatzscher Bürgerbusverein beitreten. „Das müssten wir dann im Vorstand beraten und prüfen, ob das für uns machbar ist. Voraussetzung ist da allerdings ein Konzept aus Klipphausen“, so Vorstandsmitglied Ute Schwäbe.
Dass die Gemeindeverwaltung Klipphausen statt eines Vereins selbst die Organisation des Bürgebusses übernimmt, hat sich in Kommunen in Deutschland oft nicht bewährt, wo es auch um den Einsatz eines Bürgerbusses ging. Denn rechtliche Fragen, Finanzierung, Versicherungen, steuerliche Dinge und anderes waren da große Hemmnisse.
„Wir werden deshalb in nächster Zeit mit den Mitgliedern der Bus-Arbeitsgruppe der Evangelischen Oberschule und weiteren engagierten Leuten in der Gemeinde diese Problematik beraten“, sagt Bürgermeister Mirko Knöfel. Möglich wäre auch, dass zunächst der Bürgerbus im Schülerverkehr eingesetzt wird, ehe später die Beförderung von Senioren mit dazu kommt. Allerdings müssten da der Landkreis und die VGM noch diese Vorgehensweise bewerten und prüfen, ob diese Sache möglich ist. Daniela Vogt, Leiterin der Evangelischen Oberschule Klipphausen, ist jedenfalls dankbar über die Aktivitäten der Bus-Arbeitsgruppe der Schule. „Wir würden uns im Interesse der Schüler sehr freuen, wenn es mit dem Bürgerbus klappt“, meint sie.
Egal, welches Konzept da Klipphausen angeht, schon jetzt ist aber unabdingbar: Ohne Fahrer, die ehrenamlich den Bus steuern, ist das Projekt Bürgerbus nicht zu verwirklichen. Dehalb wäre es schön, wenn sich schon jetzt Bürger, die dafür Interesse haben, sich bei der Gemeindeverwaltung Klipphausen melden würden.
Text und Foto: Dieter Hanke, 09.03.2021
Quelle: https://klipphausen.de/655-ein-buergerbus-in-klipphausen
Bürgerbus, ÖPNV